Direkt zum Inhalt
ID Stückarten
19

16205

Der Großvater liegt im Sterben und mit ihm ein ganzes Jahrhundert. Die Enkelin an seinem Bett versteht sein Ukrainisch nicht. Zeitlebens hat er, hat die ganze Familie, nur Russisch gesprochen, "Ukrainisch ist keine Sprache", hieß es. Und heißt es jetzt wieder im russischen Staatsfernsehen, das die emigrierte Familie nun von Deutschland aus verfolgt.

16136

Sie war der Spatz vom Weserdeich und das Mädchen von Piräus. Sie stand bei der Laterne vor der Kaserne, vor dem großen Tor. Sie wartete unter der roten Laterne von St. Pauli und besang die blaue Nacht am Hafen. Sie sang vom Seemann aus Shanghai, der nach drei Tagen Landgang schon wieder verschwunden ist. Sie wusste: Backbord ist links und: Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei. Aber sie glaubte fest daran: Ein Schiff wird kommen. Lale Andersen wurde 1905 in Bremerhaven geboren und machte Karriere am Kabarett der Komiker in Berlin. 1939 nahm sie ihren größten Hit auf, LILI MARLEEN.

15989

So ist das, wenn man alt und gebrechlich ist: Jedes Erwachen gleicht einer Auferstehung von den Toten. Die Glieder schmerzen, und allein sich im Bett aufzurichten ist eine Qual. Aus Gewohnheit betet der greise Maler, dessen morgendlichen Gedankenstrom Jon Fosse protokolliert, zwar das Vaterunser, aber welchen Sinn das haben soll, ist ihm mittlerweile unklar. Nach drei gescheiterten Ehen und mehreren Kindern, die ihn schon lange nicht mehr besuchen, ist ihm nur sein Werk geblieben.

15958

Wie schön die Erde doch ist. Lichterketten, Korallenriffe, Tupperdosen, Flughäfen – Dinge, für die es sich zu leben lohnt. Und die es in einer absehbaren Zukunft nicht mehr geben wird. Was wir tun könnten, ist eigentlich klar, und doch ist es so schwer, zu verzichten. Also machen wir weiter. Unterhalten einander, bestärken uns gegenseitig in unserer Machtlosigkeit, feiern das, was da ist: Zum 55. Geburtstag des sympathischen Millionärs Stefan sind zahlreiche Gäste erschienen, dicke Autos parken vor dem Haus, Champagner fließt, der Geschenketisch biegt sich.

15957

Luc Teichmann arbeitet bei einer Versicherung, wo er tagein, tagaus «Schadakten» prüft in einer Welt, deren Schäden ständig größer werden und die eigentlich kaum mehr versicherbar ist. Das Verhältnis zu seinen Kolleginnen und Kollegen ist eher distanziert. Um sie sich vom Leib zu halten und nicht als Einzelgänger aufzufallen, erzählt Luc oft Geschichten, die er beim Tram-Fahren aufgeschnappt hat, und gibt sie als seine eigenen Erlebnisse aus.

15754

Eleonore ist eine Frau. Bis sie eines Tages merkt, dass sie eigentlich eine Katze ist. Weil sie finanziell unabhängig und alleinstehend ist, steht ihrer Umwandlung eigentlich nichts im Weg. Sie lässt sich einen Katzenfellanzug nähen, entmenschlicht sukzessive ihr Ess-, Schlaf- und Sozialverhalten. In Kopfgesprächen mit Dr. Wildbruch, einem Therapeuten, auf den ihr katzenhaftes Verhalten eine große Faszination ausübt, zeigt sich deutlich, dass auch Eleonores Denken zunehmend dem einer Katze gleicht.

15670

Ein Mann steht im gleißenden Licht auf der Bühne. Ein Schauspieler. Er spricht zu uns über sich, über die Zuschauer und die Situation. Wer dachte, er wüsste, was das hier ist: Bühne, Schauspieler, Zuschauer, der sieht sich womöglich getäuscht. Ist alles ganz anders? John Clancys EVENT ist ein komischer, gleichzeitig zutiefst irritierender Monolog über die merkwürdige Veranstaltung, die wir "Theater" nennen – und eine brillante Meditation über das, was uns die Bühne über unser Leben zu erzählen hat.

15664

Er fährt schon sein ganzes Leben mit dem alten Lift. Besonders jetzt, wo der Hund gestorben ist und ihm das Alleinsein bewusst wird, ist der Lift wie ein Freund geworden, denn bis zum siebten Stock kann man ihm Vieles erzählen. Aber nun soll er Treppen steigen - Bewegung tut not, rät ihm der Arzt.

15587

Sommerferien. Lia lernt Jan kennen. Sie ist sehr verliebt und fühlt sich wie eine Prinzessin. Jan hat ein Auto, eine eigene Wohnung und macht ihr ständig Geschenke. Mehr Kribbeln geht nicht - bis Jan von seinen Schulden erzählt; und, dass es Typen gibt, die voll viel Geld bezahlen würden, um ein bisschen Zeit mit Lia zu verbringen. Sie lässt sich darauf ein. Mit den Pillen von Jan ist der Job ganz easy - bis ihre Mutter ihre Sachen durchwühlt und Jan anzeigt. Die Anklage lautet: Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung.