deutsche Mittagstisch, Der
von Bernhard Thomas
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Sieben Dramolette, entstanden zwischen 1977 und 1981, siebenmal Thomas Bernhard, wie er manchen überraschen mag: Neben den rhetorischen Großformen, den Künstler- und Großbürgerdramen beherrscht er ebenso virtuos die politisch zugespitzte kurze Farce und das einaktige Volksstück im oberbayrischen Idiom. In A Doda halten zwei Frauen abends auf dem Heimweg einen großen Gegenstand auf dem Feld zunächst für einen Toten, dann entdecken sie, daß es eine Packpapierrolle ist, in der Hakenkreuzplakate eingeschlagen sind; die eine Frau greift nach dem Fund: »A so a Depp mei Mo/ valiert er de Plakade/ wo i eahm gsagd hab/ er soi s recht festbindn auf n Moped.« In Maiandacht beklagen zwei Nachbarinnen den Tod eines Dorfhonoratioren, dessen Verdienste sie überschwenglich rühmen, obwohl er in Wahrheit ein übler Geschäftemacher und Leuteschinder war; aus Unachtsamkeit ist er einem jungen Türken ins Fahrrad gelaufen, was die eine Nachbarin zur strammen Forderung veranlaßt: »Vagast ghörns alle.« Match führt am Feierabend ins Schlafzimmer eines Polizisten, der von einem Demonstrationseinsatz heimgekommen ist; der Riß in seiner Uniformjacke entlockt der Frau, während der Mann stumpf Fußball glotzt, eine Haßtirade gegen Demonstranten: »Da schiaßad i eine.« Zwei weitere Dramolette zeigen die Welt der unbelehrten, reuelosen Täter von damals, wie wir sie auch aus Vor dem Ruhestand kennen: In Freispruch feiert in seiner Villa am Rhein ein KZ-Massenmörder mit Champagner im Kreis der Familie und der beiden Richter, die die Anklage gegen ihn niedergeschlagen haben. In Eis schwelgen zwei deutsche Ministerpräsidenten mit Frauen an der Nordsee in heroischen Kriegserinnerungen, bis sie in Gestalt eines türkischen Eisverkäufers ein wenig heroisches Ende ereilt. Alles oder nichts karikiert schließlich die Anbiederungswut unserer Spitzenpolitiker, während sie sich dem Ritual eines Fernsehquiz unterwerfen. Und Der deutsche Mittagstisch versammelt die monströse Familie Bernhard, achtundneunzig Personen stark, zur guten alten deutschen Nudelsuppe, die sich je länger je mehr als Nazisuppe erweist.